Verein Hospizarbeit Springe e.V.
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Ein würdiges Leben bis zuletzt
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Hospizbüro



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31832 Springe

 

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Donnerstag 9-11 Uhr
und nach Vereinbarung

 

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Stefanie Schacht-Wieck & Mila

 

Seit Juni 2020 bin ich ehrenamtlich Hospizbegleiterin.

Wenn ich mir die Frage stelle, welchen Beitrag kann ich in das Leben geben und welche Auswirkung hat es auf das „ Gemeinwohl“, so ist das Dienen für dieses Ehrenamt, etwas was ich mit Hingabe an das Leben verbinde. 

 

Mir wurden in dem Ausbildungskurs zur ehrenamtlichen Sterbebegleitung tiefe Einblicke in mein Selbst geschenkt.

In dieser Zeit war mein Vater schwer erkrankt und sein Tod absehbar. Dies war für mich mit vielerlei Ängsten und Hilflosigkeit verbunden.

Hier hat sich meine Sicht zu dem Thema Umgang mit Tod, Sterbenden, Trauer, Ängsten und Kommunikation in mir und meiner eigenen Familie geöffnet. Diese tiefgreifenden Erfahrungen, die daraus erwuchsen, wohnen seither als Vertrauen in mir.

Jetzt blicke ich sanft zurück, mein Vater ist kurze Zeit später verstorben.

 

Heute begleite ich selbst Menschen, bin dankbar für so viele wertvolle Augenblicke und Erfahrungen. Manchmal bin ich stille Schale und höre zu, manchmal lachen, malen, lesen wir gemeinsam oder gehen spazieren mit meiner Hündin Mila, die mit ihrem feinen Wesen so viel berührt.

Meine Begleitung jetzt ist Frau K. Seit über einem Jahr treffen wir uns regelmäßig. 

Es ist Ihr Wunsch, einen kleinen Ausschnitt ihrer Lebensgeschichte zu teilen, Mut zu schenken in schwierigen Situation und voller Zuversicht, dem Leben zu vertrauen.

 

 

 

 

Frau K., Jahrgang 1939

Es ist Frau K.´s Wunsch, dass Ihre Worte veröffentlicht werden, um Menschen Mut und Hoffnung zu schenken. Jeder hat seine Geschichten.

 

Lebens - Ausschnitt

Breslau 1945, Frau K. ist 6 Jahre alt und erlebte wie Ihre Eltern und ihr Bruder bei einem Bombeneinschlag im Wohnhaus ums Leben gekommen sind. Sie selbst hatte beide Beine und das Becken gebrochen, die mittlere Schwester war wie ein Wunder unverletzt geblieben. Die große Schwester, die auch verletzt überlebt hat, hat sich liebevoll gekümmert, so wie es eben ging, bis die Geschwister dann unabhängig voneinander in Pflegefamilien aufgenommen wurden.

Frau K. erzählt, dass es in der Pflegefamilie keine Liebe, unterstützende Worte oder einfach mal in den Arm nehmen gab. Ihr Leben bestand aus Arbeit auf dem Feld, Stricken und Häkeln und der Schule.

Vom 14. – 17. Lebensjahr hat Frau K hat eine Lehre als Damen- und Herrenschneiderin absolviert und später 1 1/2 Jahre Mitarbeiterinnen angelernt. Mit 18 Jahren ist Frau K. ausgezogen, und war danach 1 Jahr als Haushaltshilfe tätig.

1958 hat sie ihren Mann kennengelernt und geheiratet. 1961 kam dann mit dem Sohn, ihr größtes Glück, wie sie sagt, zur Welt.

3 Jahre hat sie danach Tag und Nacht durchgearbeitet, ihr Mann war zu der Zeit Zeitsoldat, es gab dafür wenig Geld und er war viel unterwegs. So war Sie quasi alleinerziehende Mutter und sorgte mit Ihrer Arbeit für das Auskommen der kleinen Familie.

2001 haben Sie Ihr gemeinsames Haus gebaut. Es ist ein schönes Gefühl ein Eigenheim zu haben, berichtet Sie. Hier bin ich alt geworden und möchte noch solange wie möglich mit meinem Mann zusammen sein. Hier „zu Hause“ möchte ich sterben. Ihre Augen lächeln sanft.

 

Was ist für Sie Leben?

Leben ist für mich gesund zu sein, dass ich mich mit meinem Mann verstehe, dass wir zusammen sein können und für einander da sind, so lange wie es geht. Wir sind jetzt 60 Jahre zusammen und wir kennen uns in und auswendig.

 

Was ist für Sie Glück?

Glück ist für mich, dass ich solange wie möglich mit meinem Mann zusammen lebe.

Glück ist die Vorfreude auf meine Urenkel, Zwillinge, die bald auf die Welt kommen und dass ich sie im Arm halten kann.

Ich war glücklich als ich gehört habe, dass ich ein Kind erwarte, jetzt kommt ein Teil von mir, was mir gehört.

Und ich habe höchstes Glück empfunden, mein Kind nach der Geburt in den Armen zu halten.

 

Wenn ich glücklich bin, dann reagiert mein ganzer Körper und ich merke meinen Schmerz nicht mehr.

 

Ist es dann aus Ihrer Sicht erstrebenswert glücklich zu sein?

Ja und voller Hoffnung.

 

Was waren/ sind Punkte, die Sie in Ihrem Leben tief berührt haben?

       Ich bin als Kind im Krieg verschüttet worden, meinen beiden Beine und meine Hüfte waren gebrochen. Ich hatte große Angst und mich so alleine und verlassen gefühlt.

 

       Mein Sohn hatte 20 Jahre lang keinen Kontakt mit mir, den genauen Grund weiß ich nicht. Das hat mich sehr traurig gemacht, auch hier fühlte ich mich lange verlassen, alleine und hilflos. Auch dass mich meine Schwiegertochter aus meiner Sicht abgelehnt hat, hat mich tief verletzt.

Heute kümmert er sich um mich und meinen Mann. Ich möchte nicht mehr nachfragen, in der Vergangenheit graben,  ich bin einfach nur glücklich, dass er jetzt so da ist.

       Das Ärzte mir in meiner aktuellen Situation nicht helfen können. Ich fühle mich mit meiner Geschichte und meinen Krankheitssymptomen nicht ernst genommen. Ich nehme immer weiter ab, ich weiß nicht was los ist, ich bin so schlapp. Diese Ungewissheit und das ich nicht gehört bzw. gesehen werde, macht mich traurig und wütend. Ich fühle mich der Situation ausgeliefert. Ich habe Angst, dass ich zusammenbreche, dabei möchte ich noch für meinen Mann da sein und meine Enkelkinder erleben.

 

Wie denken Sie über den Tod?

Ich habe keine Angst. Wenn es sein soll, dann ist es eben so.

 

Woher haben Sie dieses Vertrauen?

Ich hatte einen Herzinfarkt mit Herzstillstand. Bei der OP hörte ich noch die Stimmen, dann waren sie weg und ein kleiner weißer Punkt wurde für mich sichtbar. Dieser Punkt wurde immer größer, bis alles ganz hell um mich war. Wärme kam in mich, ich hatte das Gefühl jetzt komme ich an, da ist es schön, da wollte ich hin. Es war ein wohliges, warmes Gefühl und ich war traurig als das Licht wieder ging und ich wieder im „Leben“ war.

Jetzt weiß ich, da ist alles gut, deshalb habe ich keine Angst.

 

Sterne

Frau K. hat zur goldenen Hochzeit von Ihrem Mann einen Stern geschenkt bekommen.

Der Name des  Sternes ist Hannelore,  was u.a. mit „Gott ist mein Licht“ übersetzt wird.

 

Was würde Ihr Stern Ihnen sagen?

Das ich kommen soll, ich bin willkommen.

 

Was würden Sie rückblickend und auch für Jetzt sagen?

DAS LEBEN IST LEBENSWERT!

Wir sollten es nicht einfach hinwerfen, mit unnötigen oder gefährlichen Dingen, wozu? Achtsam sein.

 

Fr. K im April 2022